Asterix neues Rad und der Transport mit der Deutschen Bahn

Heute habe ich das besondere Vergnügen unser neues Firmenrad abzuholen. Es handelt sich um ein Tern GSD. Ein wirklich schönes Rad, aber darüber soll in einer anderen Geschichte berichtet werden. Da ich beruflich in Berlin zu tun habe, entschied ich mich, das Rad in Berlin bei BoxBike zu kaufen. Ein super Fahrradladen, aber auch darüber wird noch zu lesen sein. Geplant hatte ich, das Rad am Tag des Kaufs, also heute, mit dem Zug in meinen Heimatort Dortmund zu überführen. Ein Abenteuer…

Klein aber sehr fein: BoxBike in Berlin

Die Vorbereitung

Den Kauf des Rades habe ich von langer Hand vorbereitet, da wir für die Anschaffung des Rades die neue wunderbare Förderung des Landes NRW in Anspruch nehmen wollen. Nach der Zusage der Förderung durch das Land habe ich bei BoxBike in Berlin persönlich vor Ort die Abholung für den heutigen Tag um 15:30 Uhr vereinbart. Das klappt wie geplant und ich kann in aller Ruhe mit dem neuen Fahrrad vom Prenzlauer Berg aus durch das Brandenburger Tor zum Hauptbahnhof fahren.

Neues Fahrrad, schönes Wetter - was will man mehr?

Da ich wusste, dass die Fahrradmitnahme nicht in allen Zügen möglich ist, wollte ich bereits am Vortag einen Fahrradplatz reservieren. Ich hatte mir den Zug um 18:34 Uhr ab Berlin Hbf ausgesucht und war willens, genau für diese Verbindung über den DB Navigator (eine App für das Smartphone) ein Fahrradticket nebst Reservierung zu kaufen.

Das geht in der App allerdings nicht. Nun gut, es gibt ja noch die Webseite der Bahn. Dort muss ich allerdings feststellen, dass der Kauf einer einzelnen Fahrradreservierung ohne Fahrschein für die Begleitperson auf normalem Wege nicht möglich ist. Ich brauche als Bahncard 100-Inhaber für mich keinen Fahrschein. Nach einigem hin und her gelingt es mir, über die Extraoptionen beim Ticketkauf für mich ein Ticket auszuwählen und dann anzugeben, dass ich die Bahncard 100 habe, also nichts bezahlen muss. Ferner kann ich dort die Fahrradmitnahme eintragen. Frohen Mutes will ich die gewählte Verbindung mit den eingestellten Optionen buchen, merke dann aber, dass für diesen Fall kein Reisepreis angezeigt und somit kein Ticket gebucht werden kann.

Also rufe ich die Bahn an. Nach einigen Minuten Wartezeit habe ich einen freundlichen Mitarbeiter, der mir mitteilt, dass er das auch nicht kann, er mich aber mit einem Kollegen verbinden wolle, der das Prozedere beherrsche. Kurz drauf höre ich ein Besetztzeichen und die Verbindung ist unterbrochen.

So schnell lasse ich mich nicht entmutigen und rufe erneut an. Nach einigen Minuten Wartezeit habe ich eine freundliche Dame am Telefon. Dieser schildere ich mein offenbar kompliziertes Anliegen. Auch sie kann mir nicht helfen, verspricht aber, das unmittelbar mit Ihrem Vorgesetzten zu klären. Nach wenigen Minuten Wartemusik meldet sie sich zurück mit der Information, das könne sie nicht, ich müsse mich in ein Reisezentrum der Bahn begeben und dort vor Ort persönlich um eine Reservierung bitten. Das ist recht unerfreulich, da es mittlerweile schon abends ist und ich mich im Hotelzimmer und halb unter der Dusche befinde. Es hilft ja nichts - ich mache mich mit dem Bus auf den Weg zum Hauptbahnhof Berlin. Das Reisezentrum ist tatsächlich nach 20 Uhr (entgegen der Angabe im Web) noch geöffnet. Ich darf eine Wartemarke ziehen und komme nach einigen Minuten an die Reihe.

Der nette Herr hinter dem Tresen versteht mein Anliegen und sagt mir dann, dass das natürlich auch telefonisch gegangen wäre. Super! Auf jeden Fall habe ich kurz darauf für den nächsten Tag für mein Fahrrad ein Ticket nach Dortmund. Die Verbindung solle mit dem IC bis Bad Oeynhausen und von dort mit dem RegionalExpress nach Dortmund gehen. Keine Blitzverbindung, aber sowas macht man ja auch nicht jeden Tag.

Der Reisetag

Jetzt befinden wir uns in dieser Geschichte wieder an der Stelle, an der ich heute mit meinem Rad zum Hauptbahnhof fahre. Ich bin aus Sicherheitsgründen bereits 90 Minuten vor Abfahrt am Bahnhof. Dort sieht alles normal aus, bis dato keine Anzeige für den Zug, weil es ja noch zu früh ist. Also kaufe ich mir ein Baguette und einen Kaffee, mache mich auf zum Gleis 8 und stelle mich auf eine entspannte Zugfahrt ein.

Der Weg zum Gleis ist in Berlin langwierig, weil man sich beim Bau des neuen Bahnhofs offenbar entschieden hatte, die langsamsten am Markt verfügbaren Fahrstühle einzubauen - aber ich habe ja Zeit. Ich bin also 80 Minuten vor Abfahrt am Bahnsteig, packe mein Baguette aus und schaue vorsichtshalber noch mal in den DB-Navigator. Da steht doch tatsächlich: Zug fällt aus!

Leichte Panikattacke, tief durchatmen! Auf zum Reisezentrum! Also mit dem Fahrstuhl ins 1. OG - alles mit Fahrrad wohlgemerkt. Im Reisezentrum ist der Automat so freundlich, mir eine Wartemarke zu überreichen. Nach einigen Minuten Wartezeit darf ich vorsprechen.

Nach meiner Schilderung, dass ich heute noch nach Dortmund müsse und mein Fahrrad mitnehmen wolle, wird die Dame recht schweigsam und verschwindet, um mit Ihrem Chef zu reden. Als sie zurück kommt sagt sie mir, es gebe keine Verbindung mehr nach Dortmund für mich und mein Fahrrad. Sie schlägt stattdessen eine Trennung auf Zeit vor: ich solle den ICE nehmen und mein Fahrrad werde mit Hermes nach Dortmund gebracht. Das dauere bis nächste Woche Dienstag - heute ist Mittwoch.

Im Reisezentrum der Bahn Berlin sollte mein neues Rad an diesem Tag noch mehrfach stehen.

Ich soll also eine Woche auf mein heute erworbenes Rad verzichten und dieses den Brüdern und Schwestern von Hermes überlassen, die mir bereits letztes Jahr ein Fahrrad so vollständig zerstört haben, dass sie nach langem Streit den Wert komplett ersetzen mussten.

Das kam für mich nicht in Frage. Die Dame verweist mich an den Infoschalter, denn sie sei nur für die Fahrkarten, nicht aber für die Regelung bei Zugausfällen verantwortlich.

Infoschalter der Bahn in Berlin

Also mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss und mit Fahrrad zum Infoschalter. Der Herr dort ist von recht zurückhaltender Freundlichkeit - empfindliche Zeitgenossen würden ihn vielleicht sogar als patzig bezeichnen. Es sagt mir, es gebe keine andere Lösung, ich solle mir ein Hotel suchen und mir dann die Hotelkosten von der Bahn erstatten lassen. Hotels gebe es in Berlin ja genug. Am nächsten Tag könne ich ja erneut versuchen, nach Dortmund zu kommen.Trotz mehrfacher Bitten und zunehmend intensivierter Nachfrage erklärt er sich nicht bereit, weiter an der Lösung meines Problems mitzuwirken. Mein Vorschlag, das Rad ausnahmsweise in ein Abteil eines ohne Fahrradabteils fahrenden Zuges zu stellen, wies er als absurd zurück.

Puls 200! Also erstmal eine heiße Schokolade im Café neben an. Dort recherchiere ich selbst: Hotels gibt es keine mehr. Alles unter 300 Euro ist ausgebucht, die Bahn erstattet nach Auskunft des Info-Kollegen aber nur 80 Euro. Tatsächlich finde ich für 19:06 Uhr noch eine Verbindung mit dem EC nach Hamburg und von dort mit dem IC nach Dortmund. Wieso sagt mir das keiner? Auf zum Infoschalter! Diesmal ein anderer Kollege, der seinem Mitarbeiter in Unfreundlichkeit in nichts nachsteht und sinngemäß sagt, das wäre mein Problem. Ob ich mit der von mir ausgesuchten EC/IC-Verbindung fahren könne, könne er mir nicht sagen. Dafür müsse ich ins Reisezentrum!

Nun nehme ich mir Asterix zum Vorbild, der schließlich auch die römische Bürokratie bezwang. Auf ins 1.OG! Wieder Fahrstuhl, wieder Wartemarke. Diesmal eine andere Kollegin, die sich meinen Vortrag geduldig anhört. Mittlerweile bin ich ja in Übung und kann ihn sprachlich wohl formuliert und frei, wenn auch mit leichtem Timbre, vortragen. Diese Kollegin verschwindet, kommt dann aber mit dem Chef des Reisezentrums wieder, der tatsächlich sehr freundlich ist und sich meiner annimmt.

Offenbar macht er in Folge am Telefon die Chefin von DB-Info in Berlin zur Schnecke, die daraufhin zusagt, sich um meine Verbindung über Hamburg nach Dortmund zum kümmern. Falls dies nicht möglich sei, wolle sie mir ein angemessenes Hotel besorgen. Nach einigen Minuten meldet sich die Dame und teilt mit, es gebe kein Hotel mehr (Überraschung!), an der Verbindung arbeite sie noch.

Um 18:55 Uhr bekomme ich endlich die Zusage, mit dem Fahrrad über Hamburg nach Dortmund fahren zu können. Allerdings kann mir eine Fahrradreservierung nur bis Hamburg überreicht werden, da das Fahrradabteil des Anschlusszuges ausgebucht sei. Man werde aber telefonisch über die Fahrdienstleitung erwirken, dass für mein Rad im IC von Hamburg nach Dortmund ein Abteil freigemacht werde. Ich solle mich in Hamburg am Infopoint einfinden, dort erführe ich das weitere.

Daraufhin eile ich zum Gleis 8 - wieder mit dem Fahrstuhl. Das ist jetzt doch recht hektisch, denn ich habe nur noch wenige Minuten bis zur Abfahrt. Am Gleis angekommen wird mir mitgeteilt, dass der Zug 10 Minuten Verspätung habe. Nach 10 Minuten kommt er tatsächlich und ich kann einsteigen. Das ist beim Intercity mit Fahrrad nicht ganz einfach, da man das Rad durch die normale IC-Tür wuchten und dann um die Ecke bekommen muss. Im Fahrradabteil stelle ich mein Rad in Fahrtrichtung dicht an der Wand auf den Doppelständer. Während der Fahrt habe ich unnötigerweise mit dem Schaffner noch eine Auseinandersetzung wie Fahrräder im Intercity zu transportieren sind. Darüber soll an andere Stelle berichtet werden.

Im IC von Berlin nach Hamburg: das Rad steht gut, der Zugchef ist anderer Meinung

Immerhin - der Zug rollt und ich befinde mich mit Fahrrad darin. Die obligatorische Verspätung von einigen Minuten gefährdet die Weiterfahrt in Hamburg nicht. Puls und Blutdruck beruhigen sich langsam. In Hamburg angekommen, erfahre ich am Infoschalter, dass die Kollegen aus Berlin tatsächlich angerufen haben und dass alles in Ordnung geht. Nun habe ich noch Zeit, mir passend zum Ort ein Astra zu kaufen und in Ruhe zu trinken. In Hamburg ist der Fahrstuhl kaputt und die Rolltreppe pfeift auf dem letzten Loch. Ich schaffe es aber zum Gleis 14 und kann eine Stunde nach meiner Ankunft in Hamburg den IC nach Dortmund besteigen.

Das Ende der Odysee ist abzusehen: zur Feier des Tages ein Hamburger Bierchen

Dieser Zug ist fast leer. Weshalb in Berlin für diesen Zug kein Fahrradticket reserviert werden konnte, lässt sich wohl nicht mehr aufklären. Um 1:41 Uhr erreiche der Zug planmäßig Dortmund. Für mich bedeutet das eine Verspätung von zwei Stunden und zwanzig Minuten. Viel schlimmer ist aber der Aufwand, den ich am Bahnhof in Berlin betreiben musste, um doch noch nach Dortmund zu kommen. Erschreckend ist auch die Dickfelligkeit und Unfreundlichkeit mehrere Mitarbeiter der Bahn und der Unwillen, ernsthaft zu einer Lösung des von der Bahn verursachten Problems beizutragen. Letztlich gelang die Lösung nur, weil ich diese selbst recherchiert und vorgetragen habe und weil der Chef des Reisezentrums in Berlin sich nicht zu schade war, sich mit seinen Kollegen anzulegen.

Wenn ich das nächste Mal ein ausgewachsenes Fahrrad im Zug mitnehmen will, prüfe ich vorher, ob es am selben Tag später noch eine Alternativverbindung gibt. Nun bin ich froh zu Hause zu sein und plane für morgen den ersten Ausritt mit meinem neuen Fahrrad.

– Christian

p.s.: Alle Bilder auf dieser Seite: © 2018 C. Noack, veröffentlicht unter Creative Commons BY


1 Kommentar



2018-11.02, Peter Fricke:

Künftig soll es übrigens für alle neuen und generalüberholten Züge verpflichtende Fahrradmitnahme geben:

Der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlament hat gestern (9. Oktober) den Bericht zur Überarbeitung der Fahrgastrechte im Bahnverkehr verabschiedet. Demnach soll es künftig für alle Züge eine verpflichtende Fahrradmitnahme geben. „Ohne Ausnahme und Schlupflöcher“, wie Michael Cramer, Mitglied des Verkehrsausschusses im Europäischen Parlament für die Grünen/EFA, erklärt. „Zu lange haben Bahnunternehmen sich mit fadenscheinigen Begründungen dem Einbau von Fahrradstellplätzen widersetzt.“